"Der letzte Stadtrat"
Ja, es ist der letzte Stadtrat, der 46. in dieser Legislatur. Zeit die fünf Jahre Revue passieren zu lassen.
Ich denke es war die spannendste und aufregendste Legislatur seit der Wende, ergo seit nunmehr 34 Jahren. Corona, Weltwirtschaftskrise, Krieg in Europa, eine unfassbar dumme Regierung in Berlin, eine sächsische Regierung, die nicht weiß, was sie kann, darf oder besser gesagt überhaupt will und zuletzt dann noch den bekannten OB Wechsel in unserer Stadt.
Fangen wir mit dem 46. Stadtrat an. 23 Stadträte sowie der OB waren anwesend. Es fehlten nur zwei Stadträte was wiederum erstaunlich war, denn die Hälfte derer haben kein Mandat mehr bekommen.
Ein vor der Sitzung anberaumtes Fotoshooting war schon recht seltsam. Die CDU war lediglich mit dem scheidenden Stadtrat Gernot Herde und Uwe Gebauer vertreten. Man wollte wohl nicht gemeinsam auf ein Bild. Sei es drum die meisten Stadträte waren da, der Fotograf aber nicht. So haben wir kein gemeinsames Foto, dafür eine Urkunde vom OB erhalten. Was früher auch nicht selbstverständlich war. Hoffen wir mal, dass die Verwaltung unsere Stadt in den nächsten Jahren besser organisiert als so ein Fotoshooting.
Nun zum Stadtrat. Gut war, dass der Investitionsplan 2025-2029 sowie das Haushaltsstrukturkonzept 2024 auf den neuen Stadtrat verschoben wurde. Die meisten stimmten mit einem Ja. Trotzdem gibt es Stadträte, die sich enthalten haben, was nun gar nicht zu erklären ist, entweder man ist dafür oder nicht. Was soll es dazwischen noch geben? Immerhin 5 bzw. 3 Enthaltungen aus dem rot – grünen Lager sorgten bei mir nur noch für Kopfschütteln. Alle weiteren Beschlussvorlagen liefen ohne große Debatten. Spannend wurde es dann zum Thema „Wahl des Vertreters von Pirna für den IPO“ (Kurzform). Hier war sich die Rathausspitze Lochner / Dressler dahingehend einig, dass Dressler (CDU) diesen Part offiziell übernehmen soll. Wie ich finde und so haben die Freien Wähler auch abgestimmt, eine gute Entscheidung, und zwar für unser Pirna. Was passierte, Die CDU-Fraktionsvorsitzende Katrin Dollinger-Knuth wollte eine Auszeit und besprach sich mit Ihrem „Bündnis“ bestehend wie zur OB-Wahl aus Grün, SPD und Linke. Den Beschluss schmetterte man schließlich ab. Ein hochrot und düpiert reinschauender Bürgermeister Dressler (ebenfalls CDU) und ein fassungsloser OB Lochner mussten dieses Ergebnis erst einmal verdauen.
Hier sei die Frage gestattet, was ist das Ziel von Dollinger-Knuth? Geht es ihr um die Stadt Pirna und seine Bürger, nein mit so einem Verhalten geht es anscheinend nur darum, den gewählten OB Lochner auflaufen zu lassen. Um das zu erreichen, ist ihr auch ihr CDU-Bürgermeister Dressler egal. Aber wenigstens einer aus ihrer Fraktion zeigte Courage (Ludwig), auch wenn es nur eine Enthaltung war.
Schön für uns als Fraktion war dann eine Verabschiedungsfeier im „Funkenhöfchen“ mit kleinen Präsenten für die nicht wiedergewählten bzw. Ausscheidenden Thomas Gischke und Bernd Kühnel. Danke für alles, es war mir eine Ehre.
Ich hatte für den letzten Stadtrat dieser Legislatur eine Rede vorbereitet. War der Annahme, dass jede Fraktion die Zeit nochmal Revue passieren lassen darf. Es kam leider nicht dazu.
Hier einige Auszüge:
Angefangen hat alles im September 2019 mit einer politischen Einigung, dies über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg. Alle Ausschüsse und Aufsichtsräte wurden vorab so besprochen, dass jeder ein entsprechendes Mandat bekam. Selbst die berufenen Bürger in den Aufsichtsräten wurden fair so wie besprochen durchgebracht und der ehrenamtliche Bürgermeister wurde mit unserem Thomas Gischke von allen gewählt. Federführend in der Sache war ich als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler und darauf bin ich heute noch sehr stolz. Ein einmaliger Vorgang wie ich hinterher hörte.
Ob das im Herbst auch so gehen wird, wage ich zu bezweifeln.
Fakt ist, genau dieses Einigen, dass Reden miteinander auf Augenhöhe, entspannte die ersten Jahre des Miteinanders untereinander als Stadträte, aber genauso auch mit dem OB Hanke und der Verwaltung. Am Rande bemerkt, es gab sogar gemeinsame Anträge von der CDU, der AFD und uns Freien Wähler (u.a. vom 05.11.2019 zum Thema IPO / passend zum heutigem 46. Stadtrat - hatte ich heute gefunden…). Aktuell undenkbar, aber warum eigentlich?
Wir Freie Wähler haben in den 5 Jahren sehr viele Anfragen und Anträge gestellt, haben uns mit unserer Lebenserfahrung, unserem Wissen in den Ausschüssen und in den Aufsichtsräten stark eingebracht. Ich denke, wir waren immer ein Kompetenzpartner für die Verwaltung, als auch für die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften. Die Statistik im Allriss spricht für sich, wenn man genau hinschaut, wird man feststellen, wir haben nicht auf Wahlen gewartet um aktiv zu werden, wir haben 5 Jahre kontinuierlich gearbeitet.
Corona hat mit seinen Einschränkungen dem städtischen Miteinander emmens geschadet. Die wirtschaftliche Situation der Kommunen, die Hilf- und Tatenlosigkeit unserer sogenannten Spitzenpolitiker, verschrobene Gesetze und das nicht öffnen der Augen bei Problemen, sorgten auch bei uns für große Unzufriedenheit. Die Zeit des Gestaltens scheint vorbei zu sein.
Die Wahl des neuen OB war die logische Folge. Wir waren mit unserem Ralf Thiele, als OB-Kandidaten Wahlverlierer, akzeptieren aber diese demokratische Entscheidung der Pirnaer Bürger. Nicht nachvollziehen können wir aber, dass eine CDU unter Dollinger-Knuth als Verlierer des ersten Wahlganges in den zweiten Wahlgang gegangen ist. Wer weiß wer heute OB von Pirna wäre. Der Machterhalt um jeden Preis bei der CDU um Dollinger-Knuth führte zu einem anderen Ergebnis. Da nutzte auch keine Liaison mit den Grünen, der SPD und den Linken. Die Pirnaer Bürger sind zum Glück nicht dumm, sie wurde abgestraft und somit öffentlich deplatziert.
Hier tun sich Parallelen zur Entscheidung im 46. Stadtrat zum Thema IPO/ Dressler auf.
Zurück zur Legislatur, Ende 2023 stand dann die Wahl des neuen OB an. Es gab eine unerwartend hohe Anzahl an Bewerbern. Ob jeder der Kandidaten wusste, was das Amt braucht um eine solche Stadt zu führen sei mal dahingestellt. Es ist wie es ist, wir haben einen von der AFD aufgestellten demokratisch gewählten OB mit CDU-Wurzeln, dies gilt es zu respektieren, ob es einem passt oder nicht.
Die Wahl der Stadträte für die neue Legislatur war dahingehend bemerkenswert, dass es sage und schreibe, 142 Kandidaten für 26 Mandate gab. So viele wie noch nie, eigentlich ein gutes Zeichen. Seltsam war nur oder auch wieder nicht…, dass selbst der amtierende OB zur Wahl antritt, wo er wusste, dass er nicht Stadtrat werden wird.
Es geht noch verrückter, unser Pirnaer Bürgermeister Dressler, vor drei Jahren ins Amt gewählt, bewirbt sich als Stadtrat in seiner Heimatstadt Glashütte, wo er viele Jahre deren Bürgermeister war. Die Frage sei gestattet, haben wir zu wenig Arbeit in Pirna für ihn oder welche Interessen liegen hier vor?
Das war aber noch nicht alles an Kuriositäten. Dresslers direkter Vorgänger im Amt Eckhard Lang, ebenfalls CDU, wurde mit einer seiner letzten Amtshandlung deutschlandweit berühmt. Er ließ aus Frust, weil die Haushaltsentscheidung der Stadträte nicht so ausfiel wie er es wollte, gleich mal dutzende Papierkörbe in der Stadt ab flexen. Bis heute steht die Thematik mit seinen Problemen im Raum.
Stehen bleibt, was man nicht alles macht, um seiner Partei zu helfen…
Ende gut, alles gut oder doch nicht?
Sei es drum, ich bedanke mich persönlich und im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeitern der Stadt, insbesondere bei den Damen der Ratsarbeit, aber auch bei den Geschäftsführern der Tochtergesellschaften in deren Aufsichtsräten wir sitzen durften. Ich bedanke mich beim EX OB Klaus-Peter Hanke und beim Neuen OB Tim Lochner für das interessante und auch gute Miteinander.
Wir Freien Wähler werden in der neuen Legislatur bestmöglich, unabhängig und frei entscheiden und so alles für unsere Stadt und seinen Bürgern tun.
Vielen Dank
Ralf Böhmer
Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Stadtrat Pirna